Der Tod ist selten friedlich. Niemand weiß das besser als ein Bestatter. Doch was Frank Odendahl in der vergangenen Woche erlebt hat, wird ihn noch eine Weile beschäftigen. Er half in Taiwan mit, die Opfer des schweren Erdbebens zu identifizieren und zu desinfizieren. „Ich versuche viel darüber zu reden. Das hilft bei der Verarbeitung“, erzählt er gestern im Gespräch mit der Rheinischen Post.
Eine Viertelstunde Zeit
Der Monheimer war einer von 17 deutschen Bestattern, die sich als Katastrophen – Einsatzteam auf die 20 Stunden lange Reise machten. Zeit zum Überlegen blieb ihm nicht. Heute vor zwei Wochen bebte die Erde, zwei Tage später, am Donnerstag, gab es den ersten Kontakt zur taiwanesischen Regierung. „Ich hatte genau eine Viertelstunde, um die Entscheidung zu treffen.“ Am Samstag vor einer Woche saß er im Flieger. 700 Kilogramm Ausrüstung und Instrumente, unter anderem Schutzanzüge und –masken hatten die Bestatter im Gepäck. Von der Hauptstadt Taipeh wurde die Gruppe ins 100 Kilometer entfernte Taichung gebracht, das in der Nähe des Epizentrums liegt. „Auf den ersten Blick wirkte der Ort nicht so schlimm verwüstet“, berichtet Odendahl. Als die Helfer die ersten Toten sahen, erfassten sie das Ausmaß der Naturgewalt. Frank Odendahl: „Die meisten Körper waren bis zur Unkenntlichkeit verstümmelt.“ Der Monheimer erzählt von einem älteren Mann, der auf einen Plastik – Sack zeigte. Er wollte wissen, ob darin die Überreste seiner Tochter und seines Enkels liegen. „Es war nur noch Asche übrig und ein paar Knochenreste.“ Anhand derer konnten die Fachleute feststellen, dass die beiden Toten tatsächlich die Angehörigen des Mannes waren. Sein eigentliches Spezialgebiet, die thanatopraktische Behandlung, die den Verwesungsprozess hinauszögert, braucht Odendahl in Taiwan nicht anzuwenden. Die zu diesem Zeitpunkt geborgenen Opfer waren bereits in einem riesigen Kühl – Container, den eine Firma zur Verfügung gestellt hatte eingefroren.
Sprung aus dem Fenster
Zu den schlimmsten Erfahrungen wurde für die deutschen Helfer ein Nachbeben. „Wir wollten am liebsten in Zelten schlafen, wurden dann aber doch in ein angeblich Erdbeben sicheres Hotel einquartiert“, erzählt Odendahl. Das er als Vorsichts - Maßnahme stets das Fenster offen ließ, sollte sich bewähren. Als die Erde mit einer Stärke von 6,8 auf der Richterskala bebte, rettete sich Odendahl mit einem Sprung auf das Vordach. „Es waren wahrscheinlich nur Sekunden, aber es kommt einem viel länger vor.“ Seit Donnerstag ist Odendahl wieder in Monheim. Auf die Frage, ob er noch einmal so spontan in ein Katastrophengebiet reisen würde, zögert er einen Moment. Dann sagt er entschieden: „Ich würde es wieder tun. Ich finde es wichtig, dass man auch einmal ohne Wenn und Aber hilft.
Aus Rheinische Post vom 04.Oktober 1999
© 2024 Odendahl Bestattungen
Unsere Website verwendet Cookies um eine bestmögliche Bereitstellung unserer Dienste zu ermöglichen. Mit der Nutzung unserer Website erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir diese verwenden. Weitere Infos finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.